Samstag, 13. Oktober 2012

Saudade


Bei herrlichem Sonnenschein im Breisgau, während eines schönen, langen Spaziergangs nach einem kurzen Stadtbummel kam mir ein blitzartiger Gedanke, der sich zwar seit Jahren immer wieder leicht und spannungsgeladen vibirierend angekündigt hatte, dann aber wieder im Gemurmel der Gedanken, Gefühle und Geschehnisse untergetaucht war. sich aber nun zusammen mit dem Anblick eines Schwarzwaldplakates seinen Weg nach oben bahnte:

Ich ...
bin ...
heimatgelöst.
Völlig.

Damit meine ich nicht: "Einsam"- denn das bin ich weiß Gott nicht, ganz im Gegenteil. Dazu kenne ich zu viele Leute, dazu mag ich zu viele Menschen, dazu bin ich zu kontaktfreudig und offen.

Nein, ich meine eher: gelöst von einer gefühlsduselig-patriotischen "Schollenverbundenheit", von einer Landschaftsgeruch, einer Atmosphäre, einer Schwingung in der Luft und von "den Menschen" einer Zeit, einer Generation, eines Landstrichs oder einer Mentalität. Where ever I lay my hat there is my home" ist es nicht, eher "where ever I feel myself - there is a kind of inner home".

Also: heimatgelöst - heimatlos. Irgendetwas dazwischen.

Und das mir, dem Familienmenschen und Lokalpatrioten. Angebahnt hat sich diese Entwicklung eigentlich schon auf dem Jakobsweg 2009, als ich das erste Mal bewusst alles losgelassen hatte unf "mal weg" war. Wie schön war es, sich völlig Eins zu fühlen mit dem jeweiligen Augenblick, sich als Teil eines unbekannten Ganzen zu empfinden und...lösgelöst zu sein ohne sich "im Urlaub" zu befinden. Losgelöst...
... tja... einzige, wirklich einzige Ausnahme: Eine Art von Heimat war die geistige .... und Seelenwelt meiner Ex-Lebens- und Wandergefährtin. Dort war ich echt verhaftet und gerne zu Hause, diese Welt war mir wirklich wichtig. Und es war mit wichtig, dass sie sich dort (in ihrer Innenwelt) auch frei und kommod fühlt. Hat sie aber nur, solange sie sich körperlich attraktiv fand. Dann blühte sie innerlich auf und wurde zu einem "schönen" Menschen, im Sinne eines Zusammenspiels von von Innerem und Äußerlichkeiten. ann kamen die ersten Alterungsspuren. ....Derzeit geht sie Jackys Weg: Überbetonung des Äußeren (ohne Frage blüht sie richtig auf) und Vernachlässigung, Verkünnerung und ... irgendwie ...."Verhäßlichung" des Inneren. Verblüffend.

Mir hingegen waren und sind Körper nicht wichtig - das "Dahinter" ist es. Mich hat es noch nie wegen des "Körpers", des Aussehens zu jemandem hningezgen oder von jemandem abgestoßen - es waren instinktiv immer das "Wesen", die "Seelen" (wenn man so will). Ich schauen immer in und hinter die Augen, interessiert und wohlwollend - und bei allem, was ich einem Menschen gegenüber sage und tue, drängt es mich, dem Gefühl auszudrücken: " Ich ... meine... Dich. Genau Dich. Nur Dich ! " Auch verblüffend.

Andererseits: Das einzige Mal, dass ich mich seit 2009 an irgendwo an einem "Ort" ansatzweise wohl fühlte, das war vor einem Jahr - Gravito in Zentralportugal.

Warum ich das schreibe: Ich lese gerade (auf einer Bank im Sonnenschein) Christina Zackers "Muss denn Fado fade sein" (Heyne) - und was passiert? "Saudade" ergreift mich ungestüm - das (nicht übersetzbare) Gefühl des sich sehnsüchtig- wehmütig hingezogen Fühlens zu "irgendetwas nicht Greifbarem", zu "etwas Anderem" - zu Ferne, Tiefe, Seele, Gefühl. In "saudade"-Stimmung könnte ich lachen und heulen gleichzeitig. Vielleicht wäre "Sehnmut" eine passende Übersetzung....Sehnmut nach .. hm... bei mir vielleicht nach einer inneren Heimat, einer Heimat im Inneren, bei  MIR - und abhängig vom Aufenthaltsort.
Auch der Sehmmut, der Saudade, nähere ich mich durch den Gedanken an Portugal. Schon wieder Portugal. Zufall?

Heimatgelöst. Bin ich es gerne? Es ist unbekannt, schwebend, nebelig. Angst habe ich keine. Nicht mehr. Allerdings schwingt zugegebenermaßen gehörig Lampenfieber mit vor dem, was da kommt.

Was will mir also das Leben mit diesem Gefühl der Heimtgelöstheit zeigen? Warum bin ich dort gelandet? Negativ ist das ja nicht- im Gegenteil: Alles steht offen. Das "wann ?", das "wo ?", das "wohin ?".

Und eigentlich auch das "wer".

Saudade.
Im Breisgau.