Samstag, 10. August 2013

Eine kurze Geschichte der letzten Zeit



Irgendwie scheine ich meinen noch nicht fassbaren Konkretziel näher zu kommen, nämlich einem Selbstversorgergrundstück irgendwo auf dem Jakobsweg zwischen XY und Santiago de Compostela, am liebsten in Portugal.
Vor drei Jahren war mir Gartenarbeit ein Graus (das musste alles Stefanie erledigen); ich hingegen wusste gerade einmal, wie ein Feld aussieht - nicht aber, wie ein Feld bzw. ein Wald sinnvoll genutzt werden können. Mittlerweile hat sich das gründlich geändert. So Vieles habe ich während der bisherigen Reise durch Europa gelernt - über Bewirtschaftung von Feld und Wald, Anbau und Ernte, ökologische Landwirtschaft, Sepp Holzer’s Hugel-Kulturen, Ressorucen schonende Arbeit, und ökologischem Bauen, Nachhaltigkeit, Improvisation. So viel, dass es mir unfassbar erscheint.
 
Beim Bauen wird in Griechenland am meisten "gemaggelt" (wohl, um Steuerzahlungen zu vermeiden), in Portugal am meisten improvisiert. Landwirte haben es überall schwer, sei es in den südlichen europäischen Ländern oder gar in Südtirol oder der Schweiz. Aber hie wie dort überall steht vor Allem in Griechenland un Portugal die Eigenleistung, der Clan, die Mithilfe von Nachbarn und Freunden im Vordergrund. So ganz anders als in Deutschland....


Bei Bauen mit Natursteinen hat mich Walter Friedl-Grünecker unglaublich inspiriert (www.goladinha.eu), der in Zentralportugal Kenntnis reich "Räume zu Leben und Arbeiten" errichtet und dies liebevoll zelebriert. Unter seinen Händen entsteht dort über die Jahre ein Therapie-, Gesundheits- und Seminarzentrum - auf einem Gelände, auf dem er und Christiane, seine Frau, auch selbst leben.

Hinsichtlich des von mir präferierten Bauens mit Stroh habe ich jemanden kennen gelernt, der mir (neben dem Angebot des FASBA = Fachverband Strohballenbau Deutschland e.V. - "Wir bauen nachhaltig für die Zukunft"; http://www.fasba.de/) vertiefte Kenntnisse im Bau von Strohballenhäusern vermitteln kann.

Ich gebe gerne zu: Die Angebote des FASBA sind super - aber die Entfernung nach Verden in Deutschland ist mir für die angebotenen Ausbildungen / Seminare zu groß - und: ich kann sie mir einfach nicht leisten.

Was für ein glücklicher Zufall also. ;-))

Zufall????

Ein anderer Zufall: Zu meiner technischen Ausrüstung, die sich gerade soeben noch mit dem kleinen Wohnwagen transportieren lässt, gehören mittlerweile neben diversen Kleinwerkzeugen folgende, im Gegenzug fürs Arbeiten geschenkt erhaltene Arbeitsmittel - auf die ich richtig stolz bin:
1. Zwei unterschiedliche portugiesische Enschadas (in D wohl eher "Grabehacken" genannt),

2. zwei Sensenbäume (Stahlrohr- und Holzbaum), nebst einem alten Reichsform-Sensenblatt 70 cm, Sensenblatt mittlerweile selbst gedengelt und gewetzt und (wieder) ausgiebig in Gebrauch genommen, außerdem Dengelamboss (Schlagdengler), Kumpf und Naturwetzsteine, 
 

3. eine alte Rundsichel, Sichelblatt von "Kuhlmann Söhne, Leverkusen", mittlerweile geschliffen und gewetzt

4. ein Spalthammer von Gränsfors Bruks nebst Alu-Drehspaltkeit (Ochsenkopf) und einem Stahl-Hohlspaltkeil mit Holzeinsatz,

5. eine neue Stihl Motorsäge MS 261 C

dazu Motorsägen"führerschein" und Sensenlehrgang und selbstverständlich persönliche Schutzausrüstung wie Schutzhelm mit Visier und Gehörschutz, Stihl Schnittschutzhose, Schnittschutzstiefen und alle möglichen Arten von Arbeitshandschuhen.


Aber die größten Geschenke waren und sind: Die vielen netten Menschen, die mich so Vieles gelehrt haben und mir die außerdem Möglichkeit gaben, mit all den Gerätschaften jede Menge praktische Erfahrung sammeln zu dürfen....


Im Sommer 2013 hat mich meine Entdeckung der Handsense am meisten fasziniert, konkret: Das Mähen mit der (Hand-) Sense und die Information, das eine der rennomiertesten deutschen Sensenschmieden nicht im Allgäu und nicht in Mecklenburg zu finden war, sondern im Rheinland, in Leverkusen. Es ist die ehemalige Sensenfabrik "H.P. Kuhlmann Söhne" in Leverkusen, Schlebusch (1835 - 1987), nach der Schließung 1987 heute ein Industriemuseum, das bisweilen auch "Sensen-Schauschmieden" anbietet www.Sensenhammer.de). In Leverkusen - meiner Heimatstadt.


Ebenso ungläubig gestaunt habe ich, als ich ein natürliches Schutz-, Pflege- und Reinigungsmittel für die Metallteile des Werkzeugs suchte: Irgendwann bei der Recherche bin ich dann bei dem Namen "Ballistol" hängen geblieben. Und siehe da: Auch dieses althergebrachte "Wundermittel" wurde im Rheinland produziert. In der Online-Firmenbroschüre heißt es dazu:



"1874 gründete Friedrich Wilhelm Klever, ein Rechtsanwalt (...), in Köln die Chemische Fabrik F.W. Klever. Er begann mit der Produktion von Ölen und Fetten auf Kohlebasis, kaufte ein Bergwerk, um von Rohstofflieferungen unabhängig zu sein. Um die Jahrhundertwende suchte das kaiserliche Heer ein Allroundöl, das nicht nur die Metallteile der Waffen, sondern auch die Holzschäfte und das Lederzeug pflegen und konservieren sollte. Gleichzeitig musste es dem Soldaten als Wundöl für kleinere Verletzungen, Risse und Abschürfungen dienen." Nur das Zweigwerk in Leverkusen überstand beide Weltkriege...."



Schon wieder Leverkusen! Da stellt sich im Nachhinein doch die Frage: "Warum in die Ferne schweifen....??"

Aber es ist nunmal geschehen. Und fast - glaube ich - fast fehlt nur noch das passende kleine Grundstück am Jakobsweg, um sich dort nieder zu lassen und selbst zu versorgen. Aber heißt es nicht auch dahingehend, der "Weg nach Saniago" beginne vor der eigenen Haustür?


Nun denn, wir werden sehen. Ich bin sehr, sehr neugierig - und offenbar noch nicht am Ende des Dazu-Lernens... auch wenn meine Zeit in der Geschichte kurz ist.