Sonntag, 21. August 2011

Der ideale Arbeitnehmer der Zukunft...



Tja – letzte Woche war schon etwas komisch. Wenn man nichts für seine (anstrengende Arbeit erhält) ausser Unterkunft und Verpflegung, können die Menschen damit oft nicht viel anfangen. Irgendwie wird man da in eine suspekte Ecke der gedanklichen Schublade verfrachtet...

Letzte Woche war es sichtlich so: Nachmittags hatte sich eine Gruppe von 39 Senioren aus einer Kirchengemeinde zur „deftigen Kaffeetafel“ angemeldet, die der Hof auch anbietet. 39 Freiwillige Kirchenhelfer auf ihrem jährlichen Danksausflug. Schnittchen, Kuchen, Kaffee, Käse vom Hof, hausgemachte Wurst, Salat -  eben das ganze „währschafte“ (=zünftige) Programm. Ab 11. 00 Uhr begannen wir mit den Vorbereitungen für die knapp 1,5 Stunden, die es nachher dauern sollte. Und wir bedienten die Leutchen.

Auf die Frage einer älteren Frau, ob ich der Bauer sei, antwortete ich, nein, wir seien deutsche Touristen und hätten friedlich in der Schweiz Urlaub gemacht – bis der EURO gegenüber dem Franken so dramatisch tief gefallen sei, dass wir uns die Heimfahrt nicht mehr leisten konnten. Und nun hätten uns die netten Bauersleute gegen Kost und Logis die Möglichkeit gegeben, auf dem Hof zu arbeiten und die Krisenzeit zu überbrücken – bis der EURO wieder etwas mehr wert ist und wir und eine Tankfüllung Benzin und etwas Reiseproviant für die Heimfahrt wieder leisten können.

Verhaltenes Gelächter-  aber dann Ruhe im Karton. Irgendwie war aber an der Mimik anzumerken, dass der eine oder andere Gedanken schon in die Richtung ging: „Das hätte ich früher auch gerne einmal gehabt: Leute, die keine Ansprüche stellen und ohne Lohn arbeiten. Und danach wieder weg sind, auf Wanderschaft eben.....ideal...“

In dem Zusammenhang ist mir die Köbes-Story“ wieder eingefallen, jene Geschichte, die immer wieder Erstaunen hervorruft, wenn ich sie erzähle:

„Köbes“ – so nennen die Kölner die männlichen Ober in den Brauhäusern und Kneipen. Köln ist und war seit der „Verbringung““ der (angeblichen) Gebeine der Drei Heiligen Könige“ in die Stadt eine Pilgerstadt. Eine
d e r  Pilgerstädte des christlichen Abendlandes. Und die Pilger kamen und machten dort auf dem Weg nach Santiago de Compostella gerne Station, um sich Geld für die weitere Pilgerreise zu verdienen. Da boten sich die vielen Gasthäuser förmlich an. Die geschäftstüchtigen Kölner kannten sehr wohl die Vorteile des Pilgergeschäftes ebenso wie die des mittelalterlichen Arbeitsrechts: Leute mit schlechter Bezahlung, die häufig ausgewechselt werden, und eben allenfalls geringfügig und kurz sowie befristet beschäftigt sind, bringen einem keinen messbaren Klüngelerfolg. Ergo: Man muss sie nicht kennen und kann ihnen einen Sammelnamen geben. Und so wurden in einer langen Reihe von sprachlichen Verniedlichungen (Diminutiven) aus den „Jakobspilgern“ in den Gaststätten die „Jakobusse“ und schließlich der „Köbes“

Hm - irgendwie sind wir auch Köbesse, Stefanie und ich. Und wenn ich es recht betrachte, bilden wir den Typus des Idealarbeitnehmers der Zukunft - so, wie er von der heutigen Arbeitswelt wohl gewünscht wird: Unternehmer in eigener Sache, eigenverantwortlich für alle Absicherungszahlungen an Kassen und Verbände, „hire- und fire- bar“, flexibel, günstig im Verbrauch, lohn- und lohnnebenkostenfrei, vielseitig einsetzbar Außerdem scheint es dem Ego zu schmeicheln, jemanden befehligen zu können, der dann die Arbeit macht .  nichts (oder nur sehr wenig) bekommt.

Interessante Betrachtung.

Dies ist die wohl geistige Grundhaltung des monetären Abendlandes, ja des vom Geld und Besitz bestimmten Menschen, (christliche) Konfessionen hin oder her: Viel bekommen, wenig geben, mal wohlwollender, mal weniger...könnte man vielleicht sagen: „spiritus non olet“ ...?

Wie dem auch sei, wir sind schnell wieder weg und ziehen weiter... und wir sind wesentlich zufriedener als zuvor.

Das befreit auch den Geist ... weit weg von jedem Burnout... ;-))

Ideale Arbeitnehmer der Zukunft eben...