Montag, 13. Juni 2011

:-X

...für einen Tag. Eine interessant / bedrückende Erfahrung.

Stumm für einen Tag – das hatte ich gestern beschlossen. Ohne Vorwarnung – auch Stefanie gegenüber. Von einer Minute auf die andere. Am helllichten Tag, in einem fremden Land – und mitten in einer Großstadt. Einfach so, um zu sehen, was passiert.

Es fällt am Anfang irrsinnig schwer, die Zunge im Zaum zu halten. und all das unkommentiert zu lassen, was man ansonsten kommentierenswert fände. Es fällt ebenso schwer, auch sonstige, spontane Laute zu unterdrücken, wie „Oh“ oder „Aua“.

Die Umwelt reagiert irritiert bis ablehnend, selbst Menschen, die einen noch nie zuvor gesehen haben.

Schließlich ist es doch so: Wenn einem ein Mensch ein lautes „Giorno“ oder „Guten Morgen“ entgegenschmettert, erwartet er schließlich eine ebenso angemessen laute bzw. wahrnehmbare Antwort. Ein adäquater Gegenschlag im Verbalduell sozusagen, eine existenzanzeigendes und -bestätigendes Widerbellen.

Der Mensch erwartet nicht: Ein leises, freundliches Kopfnicken mit einem Lächeln. Er wendet sich ab. Vermutlich denkt er: „Unhöflicher Mensch“. Will nicht mit mir reden“. Und ist beleidigt.

Uff... das hatte man ja eigentlich vermeiden wollen. Aber wie korrigieren? Aufschreiben wäre eine Möglichkeit – aber leider ist kein Stift oder Zettel zu Hand. Also leider, leider hinnehmen....

Dinge erhalten ist schwierig: nicht so sehr die Fahrkarte im Bus, da muss man ja nur das Ziel aufgeschrieben haben und zwei Pfeile für „Hin-und zurück“auf die Frontscheibe des Busses malen. Aber, wenn man sich verlaufen hat, den Weg zu einem „guten“ Lebensmittelladen oder (peinlich) zu einer öffentlichen Toilette ergesiukulieren will, wird es richtig kompliziert. Einige drehen sich, wenn sie „angesprochen“ werden direkt um, weil man ja „nichts“ gesagt oder zu sagen hat, andere sind sehr freundlich und geduldig. Nur wenigen gelingt es, keinen Argwohns- oder Mitleidsblick durchblicken zu lassen. Unterm Strich aber wird man nicht ernst genommen.

Interessant auch die Erfahrung, welcher Wortmüll einen so umgibt, wie viel „sinnloses“ Zeug geredet und einem permanent entgegengeschleudert wird. Sinnlos, weil nicht zielorientiert. Und man kann sich nicht wirklich wehren. Man ist allein. Mit sich. Und seinen Gedanken. Allein. Wut kann man sich nicht leisten, will man nicht als unkontrolliert und unbeherrscht auffallen und bestenfalls nur ignoriert werden; Ärger auch nicht – Wut und Ärger fressen nur an einem rum und fallen auf. Und es fällt auf, wieviel Müll man auch selbst tagtägöich produziert.

Sprache ist also d a s Medium des Miteinanders! Nicht Sehen, nicht Hören, nichts anderes. Wer nicht redet wird ebenso wenig als vollwertig begriffen wie ein Bettler im Warenhaus. Aber viel zu leicht setzen wir in unseren Vorstellungen voraus, das jeder reden kann oder will. Andererseits ist es durchaus hilfreich, sich einmal zu beschränken, andere Ausdrucksmöglichkeiten zu finden... oder eben seine Mitteilversuche auf das Nötigste zu reduzieren und versuchen, nicht zu verzweifeln. Es bleiben ja nur Gestik und Mimik, um sich der anderen menschlichen Gesellschaft zugänglich zu machen. Grausam bei einer wortfixierten Umwelt... Bemerkt habe ich bei mir, dass ich wegen des langsamern Verständnisses der anderen a) langsamer gestikulierte und b) den Menschen viel eher und intensiver in die Augen bzw. ins Gesicht gesehen habe, um festzustellen, ob dort jemand so schaut, als könne er mir wohlgesonnen sein, geduldig und freundlich. Dieser erste Blick behielt meist recht.

Nur Menschen, die sich darauf einlassen , in diesem Fall beispielsweise Stefanie, versuchen das „dahinter“ den Gesten und Artikulationsversuchen zu ergründen (wenn es ihr auch gleichsam zweifach rätselhaft und unverständlich sein musste). Kinder – komisch – Kinder haben mit Sprachlosigkeit keinerlei Schwierigkeiten. Denen reichen Gesten, um zu verstehen...je jünger, desto weniger Worte brauchen sie.

Erkenntnis 1: Mann, was sind wir doch alle verbohrt und vorurteilsbehaftet. Die von einem Mitmenschen ausgehende verbale Ruhe ist verdächtig aggressiv !!

Erkenntnis 2:- Wenn ich wüsste, dass ich nur eine bestimmte Anzahlt von Worten hätte, würde ich jedes mit Bedacht wählen. Mit den Tagen meines Lebens hingegen gehe ich um, als wären es unendlich viele....das versuche ich einmal zu ändern.